Pfarrei Kößlarn /Dekanat Aigen

 Die Pfarrei Kößlarn entspricht der Beschreibung von Martin Süß aus dem Jahr 1828.

 

In der Beschreibung von Martin Süß umfasste die Pfarrei 255 Häuser mit 1.701 „Seelen“.

Der Markt Kößlarn hat lt. Süß 1828 insgesamt 96 Häuser mit 616 „Seelen“.

Der Historische Atlas von Bayern, Landgericht Griesbach nennt 1803 95 Häuser.


Die Pfarrei Kößlarn auf der Landkarte (gemäß Dokumentation von Martin Süß, 1828) 


Zur Quellenlage

Die untersuchten Ratsprotokolle des Marktes Kößlarn z.B. geben nicht in dem erwarteten Umfang Hinweise auf das Geschehen.

Von Bedeutung für die weiteren Untersuchungen ist die Abgrenzung des Marktes Kößlarn von der viel größeren Pfarrei Kößlarn. Die Situation ist ähnlich bei anderen Märkten wie Aidenbach, Pfarrkirchen, Triftern, Griesbach usw.

 

Die Ratsprotokolle des Marktes gehen nicht auf die katastrophalen Folgen aus dem Geschehen vom 8. Januar 1706 innerhalb der Pfarrei Kößlarn ein, weil das den Markt nicht betraf. Es sind aus dem Marktbereich gemäß Totenliste lediglich 1-2 Tote zu beklagen. Der Rest kommt aus den Ortschaften außerhalb des Marktes.

Kirchenbücher von Kößlarn

Die Kirchenbücher der Pfarrei Kößlarn liegen einschließlich der Register zu großen Teilen ab 1611 vor.

Die Kirchenbücher von Kößlarn unter www.matricula-online.de lassen umfangreiche Untersuchungen zu dem Geschehen vom 8. Januar 1706 zu.

Eintragungen im Sterbebuch der Pfarrei Kößlarn

Im Sterbebuch gibt es auf „Koesslarn Sterbefälle 016_0169“  insgesamt 17 bzw. 18 Eintragungen von Toten, die zwischen dem 13. bis einschl. 20. Januar 1706 in Kößlarn begraben wurden.

 

 

Sehr interessant auch die Einleitung zu der Totenliste im Transkript von Dr. Herbert Wurster

 

A(nn)o 1706 die 8 Janu(aris) facta est strages magna prope Aydenbach, in quo

conflictu tam cives q(uam) rustici s(cilicet)
circa circum fuerunt occisi ultra 3000 s(cilicet) et sequentiu(m) corpora tam parochianoru(m)

q(uam) alioru(m) fuere huc delata et sepulta.

 

Übersetzung:

 

Am 8. Jan. 1706 kam es zu einer großen Verwüstung bei Aidenbach, in der

Auseinandersetzung wurden offenbar rundherum, sowohl Bürger als auch Bauern,

über 3.000 getötet und die folgenden Leichname,

sowohl aus dieser Pfarrei wie von anderwärts stammend, wurden hierher übertragen und bestattet.

Eintragung im Sterbebuch der Pfarrei Aidenbach

Im Sterbebuch von Aidenbach ist ein Toter aus der Pfarrei Kößlarn, nämlich der Pergbauer Jakob aus Oberwesterbach, vermerkt, der auf dem dortigen Friedhof begraben ist.

Eintragung im Sterbebuch der Pfarrei Beutelsbach.

Im Sterbebuch von Beutelsbach finden wir drei Namen, nämlich Mathias Schönmoser 24 Jahre, Georg Schußmann, ledig, Badersohn, 30 Jahre und Hans Mändl, verheiratet aus Malgertsham, 28 Jahre.

 

Damit haben wir insgesamt Namen von 22 bzw. 23 Toten aus der Pf. Kößlarn.

Anmerkung: Ob der „paupericulus ex Ering, solutus“ im Sterbebuch ohne Namen vermerkt einen zusätzlichen Toten betrifft ist noch aufzuklären.

 


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  Eintragungen im Trauungsbuch der Pfarrei Kößlarn

Für Kößlarn liegen aus dem Untersuchungszeitraum Matrikel zu den Trauungsbüchern sowie zugehörige Trauungsregister vor. Die Unterlagen sind nicht durchwegs übereinstimmend, lassen aber insgesamt eine belastbare Aussage zu.

Im genauer untersuchten Zeitraum 1706 bis einschl. 1708 wurden 24 Witwen „rel. vid.“ verheiratet.

Überprüfung der Sterbebücher von Kößlarn zwischen 1703 und 1708

Die Matriken von Kößlarn ermöglichen es, Männer  im heiratsfähigen Alter, die im Zeitraum verstorben sind herauszufinden.

Damit kann herausgefunden werden, ob „rel. vid.“ ab 1706 bis einschl. 1708, also im intensivierten Untersuchungszeitraum vorher mit einem, eines natürlichen Todes verstorbenen Kößlarner verheiratet waren.

Wir konnten damit zwei Verheiratungen von Witwen dort zurechnen.

Eine Gegenüberstellung von Verheiratungen von Witwen, namentlich zuordenbar, von am 8. Januar 1706 getöteten Ehemännern, kommt zum Ergebnis, dass lediglich 4 Witwen, „rel. vid.“ vom 8. Januar wieder heirateten. Es ist festzustellen, dass von den insgesamt 12 Witwen, die Toten vom 8. Januar zuzuordnen sind 8 nicht wieder geheiratet haben.

In einer gesonderten Tabelle sind damit insgesamt 18 „rel. vid.“ mit Namen, auch der verstorbenen Ehemänner, herausgefunden.

Anmerkung:

Die graphische Darstellung der Entwicklungen der Trauungen ab 1700 bis einschl. 1710 zeigen, dass die enorme Anzahl von „rel. vid“- Verheiratungen mit großer Wahrscheinlichkeit ganz wesentlich durch die Folgen aus dem Massaker von Aidenbach beeinflusst ist.

In den weiteren Bearbeitungen der Matrikel des Dekanats Aigen a. Inn sowie des Dekanats Pfarrkirchen werden wir die Statistiken verfeinern und daraus untere und obere Werte und einen Mittelwert errechnen.

Erste Hilfsrechnungen lassen erkennen, dass einer rel. vid.“, im Trauungsbuch in der Zeit von 1706 bis 1708 aufgeführt und für die kein eines natürlichen Todes verstorbener Ehemann in den Sterbebüchern zu finden ist, Tote vom 8. Januar 1706 mit Faktor 2 zuzuordnen sind.

Damit ergeben sich aus 18  unbestimmten „rel. vid.“ multipliziert mit einem noch unbestimmten  Faktor 2   zusätzlich mindestens 36 Gefallene vom 8. Januar aus der Pfarrei Kößlarn.

Zusammenfassung

Die Pfarrei Kößlarn hätte damit insgesamt in etwa 58  Tote vom 8. Januar 1706 aus dem Massaker von Aidenbach zu beklagen.

Überprüft wurde auch, dass die „rel. vid.“ ganz wesentlich aus der Pfarrei Kößlarn stammten.

Bemerkenswert ist auch, dass die allermeisten Toten aus der Pfarrei Kößlarn nicht aus dem Marktbereich sondern aus den umliegenden Ortschaften des Pfarrgebietes herkommen.

 

Stammbaum Wagner-Hof

Die Geschehnisse um die beiden Toten vom Wagner-Hof von Thanham mit der Hofnachfolge 1706 sind bemerkenswert. Außerdem stammt eine Verwandte aus dem Hof ab.

 

Wir haben deshalb gemeinsam mit der auf dem Hof lebenden Familie Leitl einen Stammbaum bis zurück ins Jahr 1611 entwickelt. Allerdings sind nicht sämtliche über www.matricula-online.eu bzw. www.genteam.at erhältliche Daten der Familien auf dem Wagner-Hof erfasst, sondern lediglich die für die Hofnachfolge und die Geschehnisse 1706 bedeutenden Daten.

Die Sterbebücher geben her:

 

Wagner Bartholomäus, Thanham, verheiratet, Witwe heiratet nicht, begraben 16.1.1706

Wagner Adam, Sohn , Thanham, ledig , begraben 16.1.1706             

 

Weil eine Verwandte, geborene Leitl, aus der Gemeinde Kößlarn stammt und in Thanham geboren ist, hat sich der Bezug zum Wagner-Hof dort leicht aufgebaut. Der Familie Leitl gehört der Hof seit mehreren Generationen.

Also wird der Versuch gestartet, die Abstammung der beiden Männer, Vater und Sohn Wagner, mit der Jetzzeit zu verknüpfen.

Hofbesitzerdatei Dr. Demlehner

Der Auszug aus der online zugänglichen .kml-Datei des Teammitglieds Dr. Demlehner zu den Hofbeitzern im Landgericht Griesbach ist sehr hilfreich.

Wir finden:

                                         „nach 1604 Wagner, Georg“[1]

 



[1] Hofbesitzerdatei .kml; Dr. Demlehner; Wagner Thanham

Der Wagner-Hof, 1/4 Hof der Hofmark Schönburg ist also 1604 mit einem Hofbesitzer Wagner, Georg erfasst.

Stammbaumfragment Familie Leitl

Die Familie Leitl besitzt ein Stammbaumfragment. Aus dem kann man den Wagner-Hof über die Leitl zu den Nassauer zurückverfolgen. Die Daten aus Matricula in Verbindung mit genteam.at für den häufig, auch in verschiedenen Ortschaften der Pfarrei Kößlarn vorkommenden Nachnamen Wagner zu erarbeiten, ist machbar.

Dies auch, weil die Kirchenbücher einschl. der Register, auch ohne besondere archivarische Ausbildung recht gut lesbar sind.

Im Trauungsbuch der Pfarrei Kößlarn [1] findet man den Eintrag zur Verheiratung des Hans Wagner mit der Ottilie Krößl aus dem Jahr 1617.

Der Bartholomäus Wagner, + 8. Januar 1706 bei Aidenbach, ist der Enkel dieses Hans Wagner, der Adam Wagner, ebenfalls + 8. Januar 1706 bei Aidenbach, ein Urenkel.

Die Familie des Bartholomäus Wagner.

Bartholomäus Wagner heiratete am 17.02.1676 Eva Maria Redl aus Thal.

Anmerkung:

Die Taufmatrikel bder Pf. Kößlarn aus der 2. Hälfte des 30-jährigen Krieges und den Jahren danach nicht vorhanden.

Wir können also nicht erfahren, wann Bartholomäus Wagner und seine Frau Eva geb. Redl geboren sind. Allerdings sind im Trauungsbuch die Namen beider Eltern aufgeschrieben.

Gut dagegen zu finden sind die Taufdaten der insgesamt  10 Kinder von Bartholomäus und Eva Maria Wagner , die zwischen 1677 und 1695 geboren wurden.

Nach den bisherigen Unersuchungen dürften fünf der Kinder früh verstorben sein.

Die Witwe Eva dürfte bei Tod ihres Mannes bereits um die 50 Jahre gewesen sein. Sie hat, der Datenlage folgend, nicht mehr geheiratet. 

 

Merkwürdigkeit

Geheiratet und den Hof übernommen hat, nur wenige Wochen nach dem gewaltsamen Tod des Vaters und des Bruders Adam, die Tochter Agnete, 28 Jahre alt. Was aber war mit den vorher geborenen Brüdern Simon und Georg?

Warum wurde keiner Hoferbe? Bisher konnte kein Hinweis auf Heirats- und Sterbematrikel der beiden Brüder in den Pfarrbüchern von Kößlarn gefunden werden.

Die Suche in den Matriken des Bistums Passau zu dem häufigen Namen Wagner, auch über genteam.at, dürfte äußerst schwierig sein.

Oder gibt es eine ganz andere Erklärung? Sind die beiden Brüder Simon und Georg auch am 8. Januar 1706 bei Aidenbach getötet worden?

Gehören sie zu den Hunderten von Toten, die bekanntlich in den Massengräbern von Beutelsbach und Aidenbach verscharrt liegen.

Oder wurden sie in den Jahren vor 1706 von den Kaiserlichen zwangsrekrutiert und sind irgendwann und irgendwo im Spanischen Erbfolgekrieg zu Tode gekommen.

Hofnachfolge

Die knapp 27jährige Tochter Agnete vom Bartholomäus Wagner hat am 21. April 1706 den

noch nicht mal 20-jährigen Sohn Michael des Hofnachbarn Liebhart geheiratet. Es kamen vier Töchter zur Welt. Bemerkenswert ist, dass der Name Liebhart des eingeheirateten Mannes dann nicht mehr auftritt. Es blieb beim Namen Wagner.

Tochter Anna hat mit dem Familiennamen Wagner den Thomas Enthofer aus Enthof geheiratet. Erst bei der nächsten Heirat, wieder gab es keinen männlichen Hofnachfolger, ging der Nachname auf dem Wagner-Hof auf Nassauer über.

Ziemlich turbulent auch die Hofweitergabe. Johann Nassauer heiratete am 18.1.1846 die Theres Kirchner. Die starb aber bereits kurze Zeit später und Johann Nassauer heiratete die Anna Geßl aus Thundorf bei Osterhofen.

Weil der Johann Nassauauer bereits nach weniger als zwei Jahren verstarb, heiratete die Witwe den Thomas Leitl aus Wisselsing, ebenfalls bei Osterhofen.

Seit 1852 ist der Wagner-Hof damit in der .... Generation im Familienbesitz der Leitl.

Insgesamt können wir .... Generationen der Wagner auch dem Hof in Thalham nachweisen[2]

 



[1] Koesslarn; Trauungen; 001-08_0097

[2] Stammbaum Wagnerhof; Stand 20.03.24

Stammbaum Wagnerhof; Stand 20.03.24
Stammbaum Wagnerhof; Stand 20.03.24